Äskulap trifft Buddha

 

Individuelle Therapiekonzepte mit mentalen Heilmethoden aus aller Welt

 

bei chronischen und schweren Krankheiten wie Krebs

 

 

Einleitung

 

Während meiner hausärztlichen Tätigkeit fragten mich häufig Patienten – besonders nach der Schockdiagnose Krebs – nach ihren eigenen Möglichkeiten in der Beeinflussung des Heilungsprozesses. Ein Buch nach meinen eigenen Vorstellungen und meinem Krankheitsverständnis habe ich nicht entdeckt, neben vielen sehr guten und hilfreichen Büchern auf dem Markt zu dieser Erkrankung. Eine alte Regel sagt: »Wenn du ein Buch lesen möchtest und es nicht findest, dann schreibe es selber«, dieser bin ich gefolgt. Mit meinem Ratgeber können sich chronisch und schwer Kranke, insbesondere auch Krebs-Patienten, ergänzend zu schulmedizinischen Ansätzen ein individuelles Therapiekonzept ganzheitlicher, teilweise auch vergessener Heilmethoden aus aller Welt zusammenstellen. Denn Heilung oder ein zufriedenes Leben trotz schwerer Erkrankung ist in jeder Lebens- und Krankheitsphase möglich. Ich möchte Sie anhand vieler Impulse ermutigen und inspirieren, Ihren eigenen Weg dorthin zu finden und zu gehen, wobei ich besonders auf die seelisch-geistigen Bereiche fokussieren werde.

Schon in der Medizin des Altertums, der Antike und im damaligen Orient gehörten die Geisteswissenschaften zum Therapiekonzept der medizinischen Behandlung. Die griechische Philosophie mit den Gelehrten Hippokrates, Galen und Aristoteles sowie die Mediziner des Orients, so der berühmte Arzt und Universalgelehrte Ibn Sina (Avicenna – »Der Medicus«) lieferten mit ihren philosophischen Abhandlungen über die Zusammenhänge des menschlichen Lebens und der Natur eine wichtige Basis für die damalige Medizin. Bereits im 12. Jahrhundert betonte die deutsche Klosterfrau und Heilerin Hildegard von Bingen, dass die spirituelle Ebene der Heilung die wichtigste ist und nutzte neben Kräutermedizin mentale Methoden in der Therapie.

Die Rückintegration der Wissenschaften vom Geist und spiritueller Behandlungsmethoden stellt auch in unserer eher körperlich und symptomorientierten, naturwissenschaftlichen Medizin eine große Herausforderung und ein enormes Heilpotential dar, da uns gerade Krisenzeiten mit den existentiellen, spirituellen Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft konfrontieren. Viele Patienten wünschen sich jenseits der klassischen Medizin, die darauf nur ungenügend reagiert, zunehmend solche individuellen Therapiekonzepte, die auch das spirituelle und geistig-seelische Heilungspotential berücksichtigen, und sind bereit für die Übernahme von Eigenverantwortung.

Um altes Heilwissen zu sammeln, unter Berücksichtigung des regionalen Krankheitsverständnisses, traditioneller alter und neuer Heilmethoden, bin ich in den Jahren 2014 bis 2018 in fünf Ländern und sechs kulturell unterschiedlichen Regionen unterwegs gewesen. Ich war erstaunt, auf wie viel altes, teilweise verloren gegangenes Wissen ich stieß, unter dem Motto: »Es gibt nichts Neues unter der Sonne« (1. Prediger, Vers 9). Die in diesem Buch abgebildeten Fotos, viele Gedanken und Erkenntnisse auf meinen Reisen um die Welt sind in den Text eingeflossen. Dabei habe ich verschiedene Menschen interviewt, hospitiert, in Bibliotheken gestöbert und viele eigene Erfahrungen gemacht. Während ich in einigen Regionen einen tieferen Einblick in das Krankheits- und Therapieverständnis bekommen konnte, habe ich in manchen Ländern nur oberflächliche Einsichten gewinnen können, aufgrund der Sprachbarriere und der Kürze der Zeit. Trotzdem waren diese Reisen sehr lehrreich und haben mein Krankheitsverständnis neu geordnet. Außerdem wollte ich die Menschen in ihrer Kultur direkt erleben und das Wissen nicht nur aus Büchern zusammentragen, da der größte Lehrmeister die eigene Erfahrung ist. 

 

Meine Reiseroute führte mich in folgende Regionen:

  • Nordindien
  • Mongolei/Altaigebirge 
  • Hawaii: Inseln Oahu, Maui und Big Island
  • Usbekistan
  • Mexiko/Chiapas

In Mittel- und Südindien hospitierte ich im Ayurveda College in Hassan sowie im Ayurveda- und Krebskrankenhaus in Amala (Kerala), um die Grundlagen der traditionellen, indischen Medizin – Ayurveda – kennenzulernen. Außerdem hatte ich die Chance, das erste Krebshospiz in Bangalore zu besuchen und den Umgang mit Sterben und Tod in der indischen Kultur zu erfahren.

Meine anschließende Reise in den Norden von Indien führte mich direkt in den Exilsitz der Tibeter nach Dharamsala mit dem Ziel, einen Einblick in deren Heilkonzepte zu bekommen. Dort nahm ich am Men-Tsee-Khang Institut (Institut für Tibetische Medizin und Astrologie Seiner Heiligkeit der Dalai Lama) an einem internationalen Workshop »Mental-Healthcare« (seelisch-geistige Gesundheitsvorsorge) teil. Außerdem durfte ich dort in der Ambulanz des Instituts hospitieren. In den nachfolgenden Jahren (2015 und 2016) lernte ich als Teilnehmerin der internationalen Body-Mind-Life-Konferenzen viel über die weltweiten wissenschaftlichen Aktivitäten der Tibeter, welche ebenfalls vom Men-Tsee-Khang Institut organisiert wurden. 

Noch fasziniert von dem tiefen Wissen der Tibeter über die geistigen Aspekte im Umgang mit Krankheiten trieben mich meine Neugierde und Abenteuergeist weiter in eine völlig andere Kultur zu den Tuwa-Nomaden in das Altaigebirge/Mongolei, wo der Schamanismus noch praktiziert wird. Dort interviewte ich den Schriftsteller Galsan Tschinag, der Stammesführer und Schamane dieses Volkes ist.

Nach diesen faszinierenden Erlebnissen in der endlosen Weite der unberührten Landschaft des Altaigebirges zog es mich nach Usbekistan. Dort war ich auf den Spuren des persischen Arztes und Universalgelehrten Avicenna unterwegs, als wichtigsten Vertreter der arabischen Medizin. Beeindruckt von der universellen Bildung der persischen Ärzte und der kunstvollen islamischen Baukultur, erfuhr ich dort einiges über deren Einsatz von Musik in den Spitälern des Orients.

Von Zentralasien aus flog ich nach Hawaii auf die Inseln Oahu, Maui und Big Island. Die traditionellen Hawaiianer praktizieren teilweise noch ein Heilsystem, das aufgrund der Lage im Ozean bis zur Eroberung durch die Seefahrt noch unverfälscht praktiziert wurde und keine Einflüsse von außen erfahren hatte. Dort sprach ich mit dem schulmedizinischen Psychiater und wohl bekanntesten Vertreter des Kahuna-Heilsystems, Dr. Serge Kahili King.

Am Ende der abenteuerlichen Weltreise war ich neugierig auf die indigene Heilkultur der Maya und reiste nach Mexiko, um einen Einblick in deren Sichtweise und Heilmethoden zu bekommen.

Neben diesen Reisezielen bin ich bereits in vielen anderen Ländern gewesen, so beispielsweise auch in Tibet, China, Tansania, Ghana, Argentinien/Feuerland, um nur einige zu nennen.

In den Jahren 2002 und 2004 hatte ich die Chance für die deutsche Hilfsorganisation Ärzte für die Dritte Welt auf den Philippinen und in Indien – in den Slums von Kalkutta – zu arbeiten. Außerdem besuchte ich in dieser Zeit das Sterbehaus der Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa sowie deren Kinderheime in Kalkutta.

All diese Erfahrungen haben meine Sichtweise auf das Leben und auf mein Krankheitsverständnis als Ärztin stark beeinflusst. 

Aufgrund der Fülle an Informationen und meiner eigentlichen Intention, die weltweiten Heilmethoden als praktische Handlungshilfe für erkrankte Menschen vorzustellen, habe ich auf einen Reisebericht weitgehend verzichtet. Das Buch stellt eher eine Sammlung von Heilwissen und philosophischen Betrachtungen anderer Kulturen dar. 

 

Hierbei sind mir folgende Aspekte besonders wichtig, auf die ich im Buch ausführlich eingehen werde:

  • das Aufzeigen der primären Krankheitsursache im seelisch-geistigen Bereich in der Entstehung aller Krankheiten und als Folge von Verletzungen der Regeln in der Gemeinschaft
  • die bessere Integration seelisch-geistiger (spiritueller) Aspekte und Therapiemethoden in die meist vordergründig naturwissenschaftlich symptomorientierte Schulmedizin
  • die Einbeziehung von altem und bewährtem Heilwissen fernöstlicher und indigener Elemente in den Therapieprozess mit besonderem Fokus auf die Tibetische Medizin
  • die Stärkung von Eigenkompetenz und Verantwortlichkeit des einzelnen Menschen als Chance für geistiges Wachstum und Heilung
  • die Integration wissenschaftlicher Forschungen (Epigenetik, Physik ...) und transgenerationeller Ursachen im Krankheitsverständnis 

Mir ist bewusst, dass ich mich mit meiner gewählten Thematik auf geistiges Glatteis begebe. Manche Erklärungen widersprechen der derzeitigen Lehrmeinung der westlichen Medizin. Diese Diskrepanz nehme ich gerne in Kauf mit der Motivation, dass einige Patienten wertvolle Hilfe durch das Buch finden können. Trotz bestehender, zum Teil unflexibler, symptomorientierter Leitlinientherapie in der Schulmedizin ist jede Krankheitsgeschichte einmalig, genauso wie es verschiedene individuelle Wege der Herangehensweise im Genesungsprozess gibt.

Ich wünsche mir, dass wir als Patienten, Ärzte, Psychologen, Pflegepersonal, Heiler, Physiotherapeuten, Seelsorger und Wissenschaftler einen besseren, gemeinsamen, gegenseitig bereichernden Weg finden, auf dem wir voneinander lernen können zum Wohl der Patienten. Mein Anliegen ist es, neben den bewährten medizinischen Methoden wie Operation, medikamentöser Therapie (einschließlich Chemotherapie) und Bestrahlung, interessierten erkrankten Menschen und Angehörigen verschiedene Möglichkeiten aufzuzeigen, die auf dem individuellen Weg zur Heilung bestehen. 

Dieses Buch soll nicht als Heilungsversprechen missverstanden werden, sondern alte vergessene, kraftvolle Wege aufzeigen, die wesentlich zur Heilung beitragen können bzw. den Umgang mit der Erkrankung erleichtern. Da ich auf meiner großen Reise durch die Welt im Exilsitz des tibetischen Volkes in Dharamsala das tiefste Wissen über die Zusammenhänge zwischen Körper und Bewusstsein (Seele und Geist) gefunden habe, werde ich häufig auf dieses buddhistische Wissen fokussieren. Dazu brauchen Sie weder zum Buddhismus zu konvertieren noch ein religiöser Mensch zu sein. Die Wege bzw. die Quellen der Heilung sind in jedem Menschen und jeder Kultur ähnlich. 

Während man in der westlichen Welt die Kenntnisse der Biomedizin, Naturwissenschaften und der Technologie enorm vorangetrieben hat und diese materielle Ebene oft als Basis für Gesundheit und Glück betrachtet, haben die Tibeter in den Bergen des Himalaya die Wissenschaft vom Geist mit effektiven mentalen Therapiemethoden weiterentwickelt. Wir können viel von ihnen lernen, denn sie strahlen die Weisheit dieses Wissens in einer tiefen Gelassenheit und auch Glückseligkeit aus. 

Ergänzend zu unserem westlichen schulmedizinischen Verständnis praktizieren die asiatischen und indigenen Heilkünste eine umfassendere ganzheitliche Herangehensweise, um Krankheiten zu verstehen und zu heilen.

 

Für den Heilungsprozess sind dabei vier Säulen sehr wichtig:

  • psychische (seelisch-geistige/spirituelle) Ebene
  • emotionale Ebene
  • energetische Ebene 
  • körperliche (physische) Ebene

Alle Bereiche fließen ineinander über und bilden ein Ganzes. Der Bereich der körperlichen Ebene wird durch die westliche Schulmedizin sehr gut abgedeckt. Schwere Erkrankungen sind aber auch mit großen emotionalen Geschehnissen verbunden und konfrontieren uns mit existentiellen, spirituellen Fragen des Lebens und Sterbens. Besonders präsent sind diese Aspekte bei noch als unheilbar geltenden Leiden wie einigen Krebsarten, Alzheimer- und Autoimmunkrankheiten, deren Ursachen nach wie vor in der westlichen Medizin unbekannt sind. Ein deutliches Defizit in unserem schulmedizinisch orientierten Krankheitsverständnis besteht hier im emotionalen, energetischen und seelisch-geistigen (spirituellen) Bereich. Ich werde deshalb auf diese Gebiete fokussieren. 

Neben dem Wunsch, meinen Patienten einen Ratgeber in die Hand zu geben, veranlassten mich auch verschiedene eigene Lebenserfahrungen, dieses Buch zu schreiben. Meine Kindheit und Jugend waren geprägt durch den schmerzlichen Verlust geliebter Menschen. Als kleines Mädchen habe ich den frühen, raschen Tod meiner Großmutter durch eine Krebserkrankung miterlebt. Später, als ich 19 Jahre alt war, erkrankte meine geliebte Mutter an Brustkrebs, an dem sie vier Jahre später ebenfalls verstarb. Die eigenen schmerzlichen Erfahrungen erzeugten in mir eine tiefe Sehnsucht und den Wunsch, nach Wegen zu suchen, die mithelfen können, die Geißel der Menschheit zu heilen. Außerdem begleitete mich ständig die Frage nach dem WARUM. Deshalb fokussierte ich zu Beginn meiner Reise auf Heilmethoden bei Krebserkrankungen. Später erkannte ich, dass die mentalen Methoden generell bei vielen Erkrankungen, besonders bei chronischen Krankheiten, hilfreich sein können.

Bereits während meines Medizinstudiums hatte ich die Chance wahrgenommen, über den Horizont des »Europäischen Tellerrandes« der westlichen Schulmedizin zu schauen. Ich nutzte seinerzeit die wunderbare Gelegenheit, im indischen Bundesstaat Kerala ein Praktikum in einem katholisch-schulmedizinischen Krankenhaus zu absolvieren. Dieses war kombiniert mit Abteilungen der Ayurveda-Medizin und der Homöopathie, was mir eindrücklich das dortige ganzheitliche Konzept und Krankheitsverständnis nahebrachte. 

Später wurde ich als praktizierende Ärztin auf einer onkologischen Station oft mit meiner eigenen Hilflosigkeit, Unzufriedenheit und Begrenztheit in der Therapie krebskranker Menschen sowie anderer schwer Erkrankter konfrontiert. Häufig musste ich miterleben, dass die aggressive Therapie der Erkrankung in Form von radikalen Operationen, Chemotherapie und Bestrahlungen die Lebensqualität der Patienten stärker negativ beeinflusste als die Grunderkrankung an sich, was für mich ein schwer zu akzeptierender Zustand war. Außerdem sah ich, dass der Bedarf an psychologischer und spiritueller Begleitung enorm groß und notwendig war, was von uns Ärzten oft aus Zeitmangel nicht geleistet werden konnte.

Ein weiterer Aspekt, der die Idee zu diesem Buch aufkeimen ließ, war das Lesen verschiedener Bücher, so zum Beispiel »Der König aller Krankheiten. Krebs - eine Biografie« des Krebsforschers Siddharta Mukherjee, der als Arzt die Geschichte der Krebserkrankungen und deren Therapien über Jahrtausende hinweg aufzeigt und neue Ausblicke anregt. Ein anderer Autor, David Servan Schreiber, hat mich mit seinen Büchern »Das Antikrebsbuch« und »Die neue Medizin der Emotionen«, die u. a. auf seinen eigenen Krankheitserfahrungen basieren, ebenfalls inspiriert. 

Und natürlich waren es viele Patienten, die mich durch ihren Mut sowie die Bereitschaft für Veränderungen und ihren persönlichen Glauben an Heilung in mancher Situation lehrten, dass die geistige Haltung, Liebe und der eigene Glaube an Genesung entscheidende Kräfte auf dem Weg zur Heilung sind, neben vielen anderen Faktoren. 

So erinnere ich mich an eine ältere Patientin, die mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung und typischen Zeichen der bereits eingetretenen Sterbephase auf Wunsch des liebevollen Ehemannes für den letzten Weg nach Hause entlassen wurde. Ich vermerkte in dem Kurzbrief für die zuständige Hausärztin, dass die zuvor sehr umfangreiche Therapie auf die Gabe von Schmerzmedikamenten reduziert wurde. Derzeit hatte ich die Befürchtung, dass diese Patientin den kurzen Transport in ihre vertraute Umgebung nicht überstehen würde. Drei Monate später rief mich ihre Hausärztin an und bat um einen Vorstellungstermin in der ambulanten Onkologischen Tagesklinik, da sich ihr Zustand deutlich gebessert und wieder stabilisiert hatte. Überrascht und erfreut über die positive Nachricht lehrte mich dieses Erlebnis, dass neben vielen anderen Faktoren die Liebe von den Menschen in der Umgebung und die Liebe des Patienten zum eigenen Leben sehr entscheidende Kräfte auf dem Weg zur Heilung sind und mitunter mehr bewirken können als ärztliche Kunst. Außerdem zeigte mir diese Erfahrung, dass eine Verbesserung in jeder Krankheitsphase möglich ist und mit ärztlichen Prognosen sehr achtsam und zurückhaltend umgegangen werden muss.

Ich wünsche Ihnen von Herzen eine gute Reise auf Ihrem Weg zur Genesung. Und vielleicht kann dieses Buch auf Ihrem Nachttisch liegen, Sie mit den Fotos in fremde Länder entführen und Ihnen Abwechslung und Inspiration für Ihren eigenen Heilungsweg geben.

 

                                   Dr. Gabriela Apel

                                   März 2020